Pressemitteilung vom 18.08.2003 PDF-Format
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Der Landesrechnungshof-Bericht warnt vor finanziellem Fiasko im Falle eines Flughafenausbaues „Der Inhalt des Landesrechnungshof
(LRH)-Berichtes erlaubt nur noch eine Schlussfolgerung: Das Ausbau-Projekt ist
umgehend ohne Wenn und Aber einzustellen“, forderte heute Frank Schmidt,
Vorsitzender der Bürgervereinigung in Kiel. Schmidt kritisierte
erneut mit aller Schärfe, dass der Bericht des LRH bis jetzt zurückgehalten
worden sei, obwohl der Wirtschaftsminister bereits seit geraumer Zeit mit ihm
genehmen Teilen des Berichtes in der Öffentlichkeit Politik gemacht habe. Es
sei daher nur zu begrüßen, dass mit der jetzt bekannt gewordenen Langfassung
des Berichts zumindest eine gewisse Transparenz in die leider immer noch weiter
geführte Ausbaudiskussion zurückgekehrt sei. Zum Inhalt des
LRH-Berichtes zeigte sich Schmidt fassungslos darüber, dass angesichts der
deutlichen Prüfergebnisse das Ausbauprojekt nicht umgehend gestoppt worden sei.
„Der Umstand, dass die Ausbaubefürworter, allen voran der Wirtschaftsminister
dieses Landes, trotz Kenntnis der an Deutlichkeit kaum zu überbietenden
LRH-Feststellungen weiterhin den Ausbau vorantreiben, lässt nur zwei
Erklärungen zu: Entweder handelt es sich mittlerweile um einen völligen
Realitätsverlust oder es gibt ganz andere, der Öffentlichkeit bisher noch nicht
bekannt gewordene Gründe für dieses Vorhaben!“ Schmidt verwies
darauf, dass die BV den über 100-seitigen Bericht in seinen wesentlichen
Kernaussagen zusammengefasst habe (siehe Anlage). „Die – anders als die
bisherigen bezahlten Gutachter – uneingeschränkt objektiven und nur dem Gebot
der umfassenden Finanzkontrolle verpflichteten LRH-Prüfer haben mit ihren
nüchternen Feststellungen dem Ausbau-Projekt den endgültigen Todesstoß
versetzt. Wenn man sich zusätzlich noch vor Augen führt, dass nach dem
Gutachten der Kieler Universität die Projektförderung durch GA-Mittel
voraussichtlich rechtswidrig ist, kann man an die Kieler Stadt-Politiker nur
den dringenden Appell richten: Verschwenden Sie keinen weiteren Cent in dieses
Projekt, vermeiden Sie ein finanzielles Fiasko für die Stadt! Stellen Sie
umgehend jede weitere Ausbauplanung ein!“ Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an: Frank Schmidt, Tel.: (0431) 321419 |
Wesentliche Aussagen der Prüfungsmitteilungen des Landesrechnungshofes
zum „Ausbau des Kieler Flughafens“
(Hinweis: Kursiv gedruckte Textstellen sind
wörtliche Zitate des LRH)
Ziffer |
Thema |
Seite LRH |
I. |
Ein belastbarer
Nachweis des verkehrlichen Bedarf für den Ausbau des Verkehrslandeplatzes
Kiel ist nicht abzuleiten |
12, 18ff |
1. |
Schlussfolgerungen zur Bedeutung des Flughafens für die regionale Wirtschaft sind weitgehend nicht belastbar, denn: |
28 |
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Die Studie zu den regionalen Effekten des Flugplatzes („v. Rohr-Gutachten“) ist ungeeignet: · Erhebliche Fehler bei der Unternehmens- und Expertenbefragung ·
Fluggästebefragung
ist nur vorsichtig zu interpretieren ·
Berechnung
des zusätzlichen Reisezeitaufwandes bei Benutzung des Hamburger Flughafens
ist einseitig und nicht geeignet, ein objektives Bild abzuliefern ·
Diverse
weitere Schlüsse, für die es an einer Begründung mangelt ·
Auf eine
tatsächliche Nachfrage bei Aufnahme neuer Verbindungen kann nicht geschlossen
werden · Pauschalaussagen zur Unternehmensdynamik bei Wegfall der Linien ab Kiel hätten einer differenzierteren Betrachtung ... bedurft ·
Umfrageergebnis
darf nicht dazu verführen, zu glauben, Umsätze gingen der Region bei einem
Wegfall der Verbindungen verloren ·
Auffassung,
die Nutzung des Hamburger Flughafens erfolge komplementär, wird nicht geteilt |
24, 43 25 25 25 26 26 27 |
2. |
Gesamtwirtschaftliche
Bewertung der Ausbaualternativen wäre erforderlich gewesen, liegt aber nicht
vor. |
28f, 44 |
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· Studie „Alternativstandorte“ („Weidleplan-Gutachten“) brachte keine neuen Erkenntnisse · Studie „Alternativstandorte“ erfüllte wegen Fehler in der Methodik nicht die Erwartungen des Verkehrsministeriums, wurde aber gleichwohl abgenommen und der weiteren Planung zugrundegelegt |
28 29 |
3. |
Bei der Flottenentwicklung ist nicht vorhersehbar, ob durch eine Bahnverlängerung mit Jets betriebene Fluglinien akquiriert werden können |
31 |
4. |
Aus geltenden europäischen Flugbetriebsvorschriften (JAR-OPS) kann kein zwingendes Ausbauerfordernis abgeleitet werden |
32 |
5. |
Tendenzen im Regionalluftverkehr begründen keinen Ausbau, Aussagen über die Entwicklung des Kieler Flugplatzes sind nur sehr eingeschränkt möglich |
38 |
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· Potentialanalyse kann Aussagen über die zukünftige Entwicklung des Flugplatzes Holtenau nicht ohne weiteres ableiten · Vergleiche mit anderen Flugplätzen in Potentialanalyse sind bedenklich |
37 37 |
6. |
Marktpotential des Kieler Flughafens ist nicht belastbar erläutert |
38ff |
|
·
Zur
Darstellung vorhergesagter Entwicklungen gehört die Offenlegung der zugrunde
gelegten Prämissen... Dies liegt für den Flugplatz Holtenau nicht vor ·
Im
Vergleich mit anderen Prognosen
erscheinen die in der Potentialanalyse als auch von der KFG angesetzten
Steigerungsraten in jedem Fall zu hoch ·
Damit
liegen Prognosen, die der geplanten Ausbaumaßnahme eine ausreichende
Rechtfertigung und Sicherheit geben könnten, entgegen den Ausführungen des
Verkehrsministeriums nicht vor |
41 42 42 |
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II. |
Verlegung der B 503 |
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· Bei Verlegung der B 503 ist es erforderlich, vorab zu klären, ob die Streckencharakteristik noch in ausreichender Weise eingehalten ist · Leistungsfähigkeitsnachweis und detaillierte Angaben über die Ausbildung des Knotenpunktsystems Holtenau hat das Ministerium nicht erbracht · Tunnellösung ergibt keine schlechtere Umwegsituation für Radfahrer und Fußgänger als die Verlegung der B 503 · Tunnellösung wäre aus straßenverkehrlicher und zukunftsperspektivischer Sicht vorzuziehen |
49 49 51 51 |
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III. |
Umweltauswirkungen |
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·
Im
Lärmgutachten wird Straßenlärm auftragsgemäß ausgeblendet, obwohl eine
ganzheitliche Betrachtung zum heute üblichen Standard bei vergleichbaren
Verfahren gehört; auch Stand- und Probeläufe-Geräusche werden nicht
berücksichtigt |
53 |
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IV. |
Investitionen |
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1. |
Die Budgetschätzung für den
Flugplatzausbau ist unvollständig und birgt kaum abschätzbare finanzielle
Risiken. |
61 |
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·
Die
aktuelle, der Entscheidung der Landesregierung zugrundeliegende Berechnung ist mit z.T. kaum abschätzbaren Risiken
verbunden ·
Es besteht
noch erheblicher Klärungs- und Handlungsbedarf hinsichtlich der Kosten
des Instrumentenlandesystems ·
Es ist auf
weiteren Investitions- und Finanzierungsbedarf hinsichtlich des Anschlusses
des Vorfeldes an das Abwassernetz zu schließen ·
Hinsichtl.
der Schmutzwasserdruckleitungen sind in der Budgetschätzung keine Mittel
vorgesehen ·
Für das
Planfeststellungsverfahren sind keine weiteren Verfahrenskosten, wie
Gerichtskosten eingestellt ·
Erwerbslösung
des Oberlandes wäre ... mit erheblichen Nachteilen verbunden |
58 59 59 59 59 61 |
2. |
Die Deckungsvorschläge für den Straßenbau sind noch mit Risiken behaftet |
63 |
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V. |
Finanzierung der Investitionen |
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· Sämtliche Mehrkosten sind durch die Stadt Kiel zu finanzieren ·
Ein
Auslaufen der GA-Förderung ist nicht unwahrscheinlich · Bei dem Bundeszuschuss zur Verlegung der B 503 besteht ein Finanzierungsrisiko |
66, 69 66 69 |
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VI. |
Wirtschaftlichkeit |
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·
Die
R+T-Wirtschaftlichkeitsberechnung v. 31.8.01 hat keine eigenen Prognosen
erstellt, sondern lediglich Angaben der KFG rechnerisch zusammengestellt ·
Für
Instandhaltungsaufwendungen sind keine wesentlichen Steigerungen
berücksichtigt worden. Dies hält der LRH für unrealistisch ·
Es ist eine
unrealistisch günstige Preisentwicklung unterstellt worden ·
Die
Kostenentwicklungen sind insgesamt als zu günstig anzusehen ·
Abschreibungen
sind unzureichend angesetzt worden, weiterer Investitionsbedarf ist nicht
angemessen berücksichtigt; - R+T und
KFG gehen offenbar davon aus, dass auch zukünftig alle weiteren Investitionen
und Re-Investitionen von den Stadt und Land aufgebracht werden ·
Die durch
R+T berechneten Erlöse sind nicht geeignet, eine belastbare
Wirtschaftlichkeitsberechnung zu unterlegen ·
Es ist
nicht nachvollziehbar begründet, warum der Abbau von Rabatten und die
Anhebung der Landeentgelte zukünftig aussichtsreich erscheinen sollten ·
Die KFG hat
nicht hinreichend dargestellt, aufgrund welcher Erkenntnisse die ermittelten
Passagierentwicklungen und die daraus resultierenden Erlöse abweichend von
der Potentialanalyse zugrundegelegt sind ·
Es ist
nicht nachvollziehbar begründet, worauf sich die hohen Erwartungen bzgl. der
Passagierentwicklungen stützen ·
Aufgrund
unzureichend begründeter Basisdaten lassen sich die Ergebnisse der KFG bis
zum Jahr 2011 kaum auf fundierte Weise abbilden ·
Die sog. Nullvariante ist nicht plausibel begründet; die maßgebliche Einflussgröße, die
Zahl der Passagiere, kann kaum allein durch die Ausbauentscheidung
beeinflusst werden ·
Die
Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 3.12.01 bietet angesichts von nicht
ausreichend unterlegten Annahmen und Vorgaben keine hinreichende
Planungsbasis ·
Bei der
Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 5.3.02 sind die Schwächen der
vorangegangenen Berechnungen nicht beseitigt; es fehlt an nachvollziehbaren
Begründungen, die Erreichung bestimmter Zielgrößen scheint im Vordergrund
gestanden zu haben |
73 74 74 75 76 79 78 79 79 80 81f 86 88 90 |
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·
Die im
Januar 2001 in der Potentialanalyse gemachten Prognosen haben sich bereits
nach einem halben Jahr als zu optimistisch herausgestellt ·
Die
Prognosen stellen nicht heraus, welche Gründe für die optimistischen Annahmen
bei der Entwicklung der Passagierzahlen sprechen ·
Es ist
nicht angemessen, den Modellflugplan v. 31.8.01 als wesentliche Basis in die
Ausbauentscheidung einfließen zu lassen ·
Selbst nach
den hypothetischen Modellrechnungen fallen bis zum Jahr 2021 ausschließlich Verluste
bei der KFG an ·
Die
Erwartungen an die Passagierentwicklung für das Jahr 2002 haben sich nicht
bestätigt ·
Das
rechnerische Vorgehen impliziert eine Exaktheit der Planungsgrundlagen, die
eine erhebliche Zahl von Risiken und Unsicherheitsfaktoren weitgehend
ausblendet ·
Die
derzeitige Entwicklung des Flugplatzes bewegt sich deutlich näher an der
Worst-Case-Berechnung von R+T, wobei R+T lediglich einen Teil der möglichen
Risiken aufnimmt ·
Der bis zum
Jahr 2021 kumulierte Worst-Case Verlust der KFG von mehr als 24 Mill. € ist
noch deutlich zu niedrig gegriffen und dürfte um etliche Mill. € höher
ausfallen |
92 93 95, 101 97 100 98 99 |
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=> Der LRH ist
der Auffassung, dass ... die Berechnungen der R+T keine ausreichende Basis
bilden, um das Erfordernis des Ausbaus wirtschaftlich zu begründen. Die für
die KFG „errechneten“ Jahresergebnisse sind nicht mit der Sicherheit
behaftet, die üblichen betriebswirtschaftlichen Berechnungen zugrunde liegen.
Die rechnerische Genauigkeit im Detail kann die ... Unsicherheiten nicht
überdecken. |
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